Das Autowerkstatt A-Z für Nicht-KFZ-Mechaniker
Beim Besuch einer Autowerkstatt entsteht oftmals ein Gefühl von Überforderung. Etwas technisches Grundwissen hilft bei der Verständigung mit den Mitarbeitern in der Werkstatt und beugt Missverständnissen vor.
Der Begriffsdschungel rund ums Auto
Wer im Internet Werkstatt-Fachbegriffe eingibt, findet eine Reihe von Lexika mit alphabetischer Ordnung. Bei der Suche nach einzelnen Ausdrücken ist dies zwar durchaus informativ, erklärt jedoch keine Zusammenhänge. Jeder Autofahrer weiß, was sich hinter Abblendlicht, Blinker oder Bremspedal verbirgt. Interessant wird es bei Begriffen wie Lenkstockhebel, Hydrostößel oder Run-Flat-Tire.
Lenkung und Fahrwerk
Lenksäule und Lenkrad kennt jeder Autofahrer, doch Lenkgetriebe, Ritzel oder Zahnstangenlenkung sind für viele kein Begriff. Die meisten modernen Fahrzeuge sind mit einer Zahnstangenlenkung ausgestattet. Zahnstangenlenkungen gehören zu den Lenkgetrieben. Bei diesem Lenksystem greift ein Ritzel, also ein kleines Zahnrad, welches auf der Lenksäule sitzt, in die Zahnräder der verschiebbaren Zahnstangen ein. Die Zahnstangen sind im Gehäuse der Lenkung gelagert und über Spurstangen mit den Lenkhebeln verbunden.
Fahrwerkseinstellung
Wenn es um die Fahrwerkseinstellung geht, gebrauchen Werkstätten gerne Begriffe wie Radsturz, Nachlauf, Federweg oder Spurdifferenzwinkel. Der Radsturz bezeichnet die Neigung des Rads in Abweichung von der Senkrechten. Bei einer Außenneigung wird dieser sogenannte Sturzwinkel als positiv bezeichnet, bei einer Innenneigung als negativ. Muss die Spur eingestellt werden, handelt es sich um eine Korrektur des Winkels zwischen Längsachse, Radmittelebene und Fahrbahnebene. Der Federweg benennt den Abstand, den ein Rad zwischen eingefedert und ausgefedert zurücklegt. Voll ausgefedert ist ein Fahrzeug, wenn es angehoben wird, voll eingefedert bei maximal zulässiger Beladung. Wird das kurvenäußere Rad weniger weit eingeschlagen als das kurveninnere Rad, spricht der Fachmann vom Spurdifferenzwinkel.
Bremssysteme
Bei den Bremsen gibt es die Unterscheidung zwischen Trommelbremsen und Scheibenbremsen. Trommelbremsen verfügen über ein Gehäuse, die sogenannte Trommel, an welche die Bremsbacken während des Bremsvorgangs gepresst werden. Die Bremsbacken können dabei sowohl innen als auch außen liegen. Scheibenbremsen, die heute gängige Variante, setzen sich aus Bremsscheibe, Bremssattel (Bremszange), Bremsklötzen und Bremsbelägen zusammen. Während der Verzögerung drückt der im Bremssattel liegende Bremsklotz die Bremsbeläge an die auf der Radnabe befestigte Bremsscheibe. Wichtiger Bestandteil des Bremssystems ist der Bremszylinder. Er gehört zur Druckluftbremse ebenso wie zur hydraulischen Bremse. Ein Bremszylinder vermittelt, vereinfacht ausgedrückt, zwischen Druckluft beziehungsweise Bremsflüssigkeit und Bremsgestänge. Hinter der Bezeichnung HBZ verbirgt sich der Hauptbremszylinder, RBZ dient als Abkürzung für Radbremszylinder.
Reifen
Die meisten Laien staunen über die Vielfalt der Fachausdrücke rund um Reifen. DOT, Runflat, Radialreifen oder Diagonalreifen sind neben den Sonderbezeichnungen durchaus gängig. Beim Runflat oder Runflat-Tire handelt es sich um eine spezielle Reifenart mit Notlaufeigenschaften. Normale Reifen walken bei Luftverlust, die dabei entstehende Hitze zerstört die Gummimischung. Runflat-Tire verfügen über verstärkte Seitenwände, die im Notfall das Gewicht des Fahrzeugs für eine kurze Zeit problemlos tragen. Bei hohen Geschwindigkeiten lösen sie sich nicht von der Felge, deshalb ziehen Sportwagenhersteller in der Regel Runflats statt der gängigen Radialreifen bei ihren Modellen auf.
Jeder Reifen führt eine sogenannte DOT-Nummer, unabhängig vom Hersteller und Typ. Die letzten vier Ziffern benennen die Herstellungswoche und das Herstellungsjahr. Der Fachmann erkennt sofort, ob ein Reifen trotz eines guten Profils noch verwendbar ist oder nicht. Radialreifen, in der Vergangenheit unter dem Namen Gürtelreifen besser bekannt, kamen 1948 erstmals in den Handel. Sie lösten die bis dato üblichen Diagonalreifen ab. Der Unterschied zwischen Diagonal- und Radialreifen liegt im Aufbau der sogenannten Karkasse, also dem Reifengrundgerüst. Bei den modernen Radialreifentypen trennt der Hersteller klar zwischen Reifenunterbau und Funktion.
Motortechnik
Lassen sich Erklärungen für Begriffe rund um das Fahrwerk, die Reifen und die Bremsanlage häufig ableiten, ist die Fachsprache im Bereich Motortechnik etwas komplizierter. Wer jedoch den Aufbau und die Funktionsweise eines Verbrennungsmotors kennt, kann vieles durch Logik erklären. Das ersetzt zwar nicht den Besuch einer Werkstatt, erleichtert jedoch das Verständnis der dort verwendeten Fachausdrücke.
Motoren
Die Grundtechnik der Motoren ist recht einfach zu verstehen – kompliziert wird es erst durch die vielen Feinheiten und Details. Bei viertaktigen Benzinmotoren öffnet sich im ersten Takt das sogenannte Einlassventil. Der innen liegende Kolben saugt das Gemisch aus Luft und Kraftstoff in den Zylinder. Im zweiten Takt schließt sich das Ein- und Auslassventil, der Kolben verdichtet durch Druck die angesaugte Mischung. Während des dritten Takts, der Arbeit, entzündet ein Funken aus der Zündkerze das verdichtete Kraftstoff-Luftgemisch. Die explosionsartige Verbrennung drückt den Kolben nach unten. Es folgt der Ausstoß, der vierte Takt. Dabei öffnet sich das Auslassventil, der Kolben hebt sich und drückt das Verbrennungsgas aus dem Zylinder. Die Einstellung des Ventilspiels ist ausschlaggebend für die Leistung. Sogenannte Hydrostößel bewirken bei Verbrennungsmotoren einen automatischen Ausgleich. Dadurch entfällt bei neueren Motoren das in der Vergangenheit teilweise sehr teure Einstellen der Ventile.
Zylinderkopfdichtung
Kommt aus dem Auspuff weißer Qualm, spricht dies für einen Defekt an der Zylinderkopfdichtung. Wer sein Fahrzeug trotzdem weiterfährt, riskiert einen Kolbenfresser und damit einen Totalschaden des Motors. Die Zylinderkopfdichtung, kurz ZKD genannt, gehört zu den wichtigsten Bauteilen fast jeden Verbrennungsmotors. Dieser Dichtring sitzt zwischen Kurbelgehäuse und Zylinderkopf, seine Aufgabe besteht darin, den Verbrennungsinnenraum sowie die Motorölkanäle und die Kühlwasserkanäle abzudichten. Bei vielen Modellen dient die Zylinderkopfdichtung zudem der Kraftübertragung.
Die Auspuffanlage
Für viele Autofahrer ist der Auspuff ein unwichtiges Teil, das sich aus einem Topf und einem sichtbaren Rohr zusammensetzt. Dass dieses Element für die Funktion des Fahrzeugs sehr wichtig ist, wissen die wenigsten Laien. Grundsätzlich besteht eine Auspuffanlage bei Pkws aus einem Abgaskrümmer, einem Hosenrohr, dem Katalysator beziehungsweise dem Rußpartikelfilter, Mittelschalldämpfer, Endschalldämpfer und Endrohr. Der Abgaskrümmer sitzt direkt am Motor und leitet die Abgase ins Hosenrohr (Flammrohr), wobei das Hosenrohr die verschiedenen, vom Motorblock abgehenden Abgasrohre zusammenführt. Fast alle Motoren arbeiten heute mit Abgasrückführung (AGR), entweder mit interner AGR oder externer AGR. Die interne Abgasrückführung nimmt das Abgas direkt im Motorblock ab und führt es in die Zylinder zurück. Bei der externen AGR werden die Gase der Auspuffanlage entnommen und über Leitungen zurückgeführt.
Abkürzungen, markeneigene Systeme und allgemeine Begriffe
Die meisten Automobilhersteller verwenden für ihre Systeme eine Reihe eigener Fachbegriffe. So heißt das adaptive Kurvenlicht bei Opel AFL, der Spurhalteassistent bei Citroën AFIL und der Bremsassistent bei Mercedes-Benz BAS. Andere Ausdrücke wie ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) oder ABS (Antiblockiersystem) haben sich allgemein eingebürgert. Es gibt eine schier endlose Liste von Abkürzungen, sodass eine Zusammenfassung sowie allgemeinverständliche Darstellung kaum möglich ist. Ein durchschnittlicher Pkw setzt sich inzwischen aus bis 10.000 Einzelteilen zusammen, in Abhängigkeit von Größe und Ausstattung kann sich die Zahl deutlich erhöhen. Die überwiegende Zahl der Bauteile besteht aus Metall oder Kunststoff. Zu diesen im Werk verschraubten, verklebten und verschweißten Elementen kommen elektrische und elektronische Komponenten wie Steuerungen, Regler und Leitungen.
Fazit
Wer sein Fahrzeug in eine Werkstatt bringt, sollte sich einen schriftlichen Kostenvoranschlag geben lassen und die einzelnen Ersatzteile in einem Fachlexikon nachschlagen. Das Einholen einer zweiten Meinung hilft oftmals, überhöhte Rechnungen und überflüssige Reparaturen zu unterbinden. Kenntnisse technischer Zusammenhänge, wie beispielsweise der Ablauf einer Motortaktung, erleichtern das Verständnis der Fachbegriffe. Wer weiß, was in einem Motor während der Arbeit passiert, dass ein Auspuff nicht nur aus einem Topf mit Endrohr besteht oder sich die Bremsanlage, nicht wie beim Fahrrad, aus lediglich zwei Bremsbacken zusammensetzt, kann seinen Kostenvoranschlag deutlich besser verstehen.
Gute Werkstätten beantworten Ihre Fragen und erklären Ihnen, warum sie welche Reparatur an Ihrem Fahrzeug vornehmen. Lassen Sie sich auf jeden Fall die ausgebauten Teile zeigen und hinterfragen Sie nochmals das Warum und Wieso. Alle Fachbegriffe der Automobilbranche zu kennen und zu verstehen ist ohne langjährige Beschäftigung mit der Kfz-Technik, einer Ausbildung zum Kfz-Mechaniker oder einem Ingenieursstudium so gut wie ausgeschlossen.