Kampf der Unsicherheit: Wie Impro-Theater das Selbstbewusstsein stärkt
Improvisationstheater ist eine Theaterform, die ohne klassische Inszenierungen auskommt. Charaktere und Situationen erschaffen die Schauspieler spontan durch Interaktion. Dabei ist Impro-Theater eine gute Möglichkeit, um persönliche Unsicherheiten zu bekämpfen.
Theater: Ist das nicht was für Kinder?
In den letzten Jahren haben sich die Angebote für Theaterkurse deutlich vergrößert. Viele Kurse richten sich an Erwachsene, wobei 1995 in Berlin die erste Schauspielschule für Film und Theater gegründet wurde. Schauspielunterricht wurde davor eher auf privater Basis angeboten. Auch das Angebot zur beruflichen Ausbildung zum Theaterpädagogen steigt bundesweit. Theaterpädagogen arbeiten dabei mit Kindern, Jugendlichen und ebenso mit Erwachsenen jeder Altersklasse. Dass Theaterarbeit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Persönlichkeit darstellt, ist unumstritten. Theater ist aber keinesfalls nur eine Freizeitbeschäftigung für Kinder.
Beginn des Improvisationstheaters
Das Improvisationstheater ist eine sehr alte Theaterform. Bereits Geschichtenerzähler gaben überlieferte Märchen an ihre Zuhörer weiter, wobei die Darstellung frei war und sowohl an das Publikum als auch an die Umgebung angepasst wurde. Auch das Stehgreiftheater, ursprünglich der Volksdichtung vorbehalten, war eine Form von Impro-Theater. Die Commedia dell’arte gilt als Ableger und wurde bereits im 16. Jahrhundert in Italien entwickelt.
Bei dieser Theaterform ging es darum, keine Individuen zu zeigen, sondern Menschentypen vorzustellen. Improvisation auf der Bühne war auch bereits zu Shakespeares Zeit beliebt, bis sich der Ruf des Impro-Theaters verschlechterte und starre Theaterformen in Mode kamen.
Improvisationstheater auf der Bühne
Die Theaterform des Impro-Theaters zählt zu den Schwierigsten überhaupt. Nur wenige vermeintliche Improvisationskünstler sind tatsächlich Meister ihres Fachs. Häufig wird auch das Publikum bei einer Show einbezogen: Es darf Themen vorgeben und über Handlungsverläufe entscheiden. Viele Improvisationsformen lassen sich der leichten Unterhaltung zuordnen. Komik ist allerdings ein Fach, das viel Erfahrung erfordert, wobei Sie auch ernste Themen beim Impro-Theater aufgreifen können. Ein Beispiel dafür ist etwa der politische Protest.
Ein „nein“ ist beim Improvisationstheater verboten
„Wer bin ich?“ ist bei den improvisierten Übungen eine zentrale Frage. Die anderen Spieler fügen der ursprünglichen Information (zum Beispiel: Ich bin Pilot) durch ihre Zusammenarbeit weitere Details hinzu. So vertiefen und entwickeln sie die Figur immer weiter. Requisiten spielen dabei eine geringe Rolle. Ihre Beziehung zueinander und auch die jeweilige Umgebung definieren Sie und die Spieler Schritt für Schritt weiter.
Dafür ist es erforderlich, Ideen und Impulse der Anderen anzunehmen und sich von eigenen Vorstellungen zu verabschieden. Ja zu sagen, ist wesentlich. Eigene starre Haltungen können Sie so immer weiter auflösen. Über den eigenen Tellerrand hinwegzublicken, wird – Bereitschaft vorausgesetzt – möglich.
Für wen ist Improvisationstheater geeignet?
Die Fähigkeiten zur Improvisation sind keinesfalls nur auf den Theaterbereich beschränkt. Präsentationen, ob schulisch oder geschäftlich, bedürfen ebenfalls einer Improvisationsfähigkeit. Improvisation ist eine gute Grundlage für jede Form von Kommunikation. So können Sie Ihr sicheres Auftreten durch Impro-Theater schulen. Auch im sozialen Bereich arbeiten Berater und Therapeuten mit Methoden aus dem Improvisationstheater an Sprachfähigkeit, Selbstbewusstsein, Resozialisierung oder Integration. Sowohl Gefühle als auch Gedanken eines Patienten können Sie über Improvisation offenlegen. Impro-Theater ist daher für jeden geeignet.
Was lernt man beim Improvisationstheater?
Im Impro-Theater ist „verrückt sein“ durchaus erwünscht. Narrenfreiheit sorgt für Leichtigkeit und Spielfreude. Sie dürfen neue Rollen ausprobieren und Ihre Kreativität trainieren und fördern. Dadurch, dass Sie Impro-Techniken einsetzen, erhöhen Sie zudem Ihre Spontanität und Flexibilität. Sie entwickeln Geschichten, wobei der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Im Impro-Theater darf nicht nur der Kopf abschalten – intensive Körperarbeit bietet die Möglichkeit mit eigenen Emotionen in Kontakt zu treten und Persönlichkeitsanteile auszudrücken. Dadurch fördern Sie Ihre persönliche Entwicklung und Lebendigkeit, Authentizität sowie Selbstbewusstsein erhalten einen neuen Stellenwert im Leben.
Die Lust am Spiel
Improvisationstheater ist eine Spielform, die mit gängigen Spielen kaum vergleichbar ist. Der Moment ist bei dieser Theaterform entscheidend, denn es gibt weder vorgefertigte Texte noch Szenen. Spielbegeisterung zählt genauso, wie die Freude verschiedene Rollen anzunehmen, sich einfach auszuprobieren. Die Spieler lernen Improvisationstechniken und entwickeln Geschichten. In diesem Rahmen schaffen Sie Raum für Selbsterfahrung und Kreativität. Die persönliche Entwicklung steht dabei im Vordergrund. Wer glaubt, über keine Fantasie zu verfügen oder witzig sein zu können, wird in der Regel eines Besseren belehrt.
Nirgendwo können Sie Ihre inneren Antreiber und Kritiker, die versteckten Bösewichte der Persönlichkeit, besser erkennen und in positive Elemente verwandeln. Das Spiel macht es möglich. Fähigkeiten aus der Kindheit, die verloren scheinen, können Sie wiederentdecken. Spontanität entsteht dabei nicht im Kopf, sondern ist Ergebnis einer intensiven Körperarbeit – einem wesentlichen Bestandteil der Kurse.
Ich verstelle mich
Viele Menschen verwechseln Theaterspiel mit der Notwendigkeit, sich zu verstellen. Professionelle Schauspieler können allerdings bestätigen, dass Theaterarbeit die Selbstfindung anregt und unterstützt. Und auch Laien profitieren vom Theaterspiel: Sie können sowohl das Berufs- als auch das Privatleben völlig neu gestalten, wenn Sie verdeckte oder unbekannte Persönlichkeitsanteile wiederentdecken oder erkennen.
In den sozialen Gruppen arbeiten Sie völlig frei ohne vorliegende Erwartungen und Erfolgsdruck. Wem es gelingt, sich beim Training oder auf der Bühne in neue Charaktere einzufinden, ist auch neuen Situationen im Alltag besser gewachsen. Ebenso können Sie Reaktionen von anderen Menschen, ob bei Partner, Freunden oder Kollegen, besser reflektieren.
Scheitern ist erlaubt
Im Alltag stellt man es gerne negativ dar, wenn man scheitert. Die Fähigkeiten fehlen offenbar, um das Versagen zu vermeiden. Dabei übersehen Viele gerne, dass ein „Scheitern-Dürfen“ Grundlage sein kann, Dinge ohne Druck auszuprobieren. Aus Fehlversuchen können Sie außerdem Einiges lernen. Im Improvisationstheater ist von Scheitern keine Rede, aber dennoch wird es Übungen geben, die mehr oder weniger funktionieren.
Auch wer bisher wenig Erfahrung damit hat, frei zu agieren, mag anfangs mit der freien Improvisation überfordert sein. Die Angst ist bei einer Teilnahme an einem Anfängerkurs trotzdem unbegründet. Auch wenn der eine bereits zu Beginn freier ist als der andere, können sich Verhältnisse mit der Zeit verschieben.
Theater ist Alltag
Die Präsentation auf der Bühne ist vergleichbar mit der Präsentation im Leben. Im Gegensatz zum Alltag ist im Theaterbereich, und vor allem im Improvisationstheater, alles erlaubt. Diese Freiheit können Sie auch immer mehr in das eigene Leben integrieren. Das immer weiter gestärkte Selbstbewusstsein ist eine geeignete Basis, anderen Menschen freier zu begegnen. Nicht selten sind es im Ansatz Selbstwertprobleme, die Einstellungen und Haltungen Fremdem gegenüber erschweren.
Das Gewohnte bietet einen großen Platz für Sicherheit, da es bekannt und verlässlich ist. Neue Erfahrungen können Sie aber erst dann machen, wenn Sie Ihren Kopf für Neues öffnen. Improvisationstheater ist mehr als nur Spaß und Spiel: Es fördert und fordert die Persönlichkeit. Nirgendwo können Sie das eigene Ich so gut entfalten. Im Improvisationstheater lernen Sie daher auf sehr spielerischer Ebene für das Leben.
Fazit
Improvisationstheater ist eine wundervolle Möglichkeit, Kreativität zu entwickeln. Sie stärken Ihr Selbstbewusstsein durch viele Übungen und die Freude beim Spiel überträgt sich auf den Alltag. Sie verändern Ihre Wahrnehmung und können zu starre Haltungen auflösen. Improvisationstheater ist dabei für jeden geeignet – das Alter ist irrelevant. Die Kurse geben in der Regel schon im Vorhinein Auskunft darüber, ob es sich um Einsteigerkurse handelt. Auch hinsichtlich der erwünschten Altersspanne erhalten Sie meist schon vor Beginn Informationen.
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