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Mein Kind kann Mandarin! Wenn Frühförderung falsch verstanden wird

Viele Eltern fördern ihr Kind frühzeitig, um es auf die Anforderungen der Gesellschaft vorzubereiten. Doch eine übertriebene und dadurch belastende Frühförderung kann dem Kind schaden.

Darum streben Eltern nach Frühförderung

Seit einigen Jahren entwickelt sich ein erzieherischer Trend, der viele Kinder nicht mehr Kinder sein lässt: die Frühförderung. Sie ist an sich nicht schlecht. Jungs und Mädchen profitieren sogar davon, wenn sie in bestimmten Bereichen bereits in jungen Jahren explizit gefördert werden. Wie bei den meisten Dingen auf der Welt kommt es aber auch dabei darauf an, die Balance und Maß zu halten. Ein Zuwenig ist genauso schlecht wie ein Zuviel. Leider verlieren immer mehr Eltern ihre Intuition und überfordern ihr Kind mit zu vielen musikalischen, sportlichen und sprachlichen Förderkursen.

Dabei ist ihr Ansatz gar nicht mal verkehrt: Diverse Faktoren wie die Globalisierung, Fachkräftemangel und der Kampf um Arbeitsplätze verunsichern Eltern. Sie sorgen sich, ob ihr Kind in der Zukunft mit Konkurrenten mithalten kann. Sie erliegen dem Irrglauben, dass eine möglichst breite und vor allem früh einsetzende Bildung ihren Sprössling optimal auf das Kommende vorbereitet.

Diese Denkweise ist übrigens nicht neu. Schon Eltern früherer Generationen wollten nur das Beste für ihr Kind und es – aus ihrer Sicht – ideal präparieren. In der schnelllebigen Gesellschaft vergessen Väter und Mütter aber leider, dass ihr Junge oder Mädchen vor allem eines ist: ein Kind. Der Drang nach Frühförderung entsteht demnach in den seltensten Fällen aus Eigennutz oder gar aus Bosheit.

Selbstverständlich bestätigen Ausnahmen die Regel. Es gibt auch solche Erziehungsberechtigte, die sich mit den erworbenen Fähigkeiten ihres Kindes brüsten und im Bekanntenkreis angeben. Je früher es etwas Außergewöhnliches erlernt, desto besser: Mein Kind kann Mandarin. Dieser Satz mag im Freundeskreis Eindruck machen, das Kind dürfte während der Unterrichtsstunden aber viel lieber spielen. Doch zum Glück ist dies nicht die Regel. Vielmehr steckt in bestimmten Bevölkerungsschichten auch sozialer Druck hinter dem starken Antrieb.

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Wenn die befreundeten Eltern ihre Kinder allesamt in Förderprogramme schicken, dann wollen nur die wenigsten Erziehungsberechtigten hinten anstehen. Zudem steckt auch oftmals ein schlechtes Gewissen der Eltern hinter übertriebener Frühförderung. Viele haben auf Grund ihrer Jobs nur wenig Zeit für ihr Kind. Um dann sicherzugehen, dass der Nachwuchs vorhandene Talente ausprägen kann, melden sie ihr Kind in Kursen an. Die Gründe für Frühförderung sind demnach vielfältig und größtenteils nicht schlecht, eines bewirken sie bei einem Zuviel aber alle: Kinder dürfen keine Kinder mehr sein.

Frühförderung statt Spielen: nicht empfehlenswert

Ob im Kindergarten oder daheim: Lernen Kinder verstärkt ein Instrument, treiben sie im Übermaß Sport oder lernen sie bereits eine Fremdsprache, kostet das viel Zeit. Insbesondere im Vorschulalter sollten Jungs und Mädchen aber das machen dürfen, was sie in der Regel am liebsten tun – spielen. Investieren sie allerdings ungewöhnlich viel Zeit in fördernde Aktivitäten, dann fehlt diese Zeit zum Spielen.

Mitunter sind sie auch schlichtweg zu müde für spielerische Aktivitäten. Dies ist mitunter dann der Fall, wenn Kinder keine Freude daran haben, was sie tun müssen. Dies kann aber gravierende Auswirkungen auf das Kind haben. So ist es wichtig, die Umgebung zu Hause sowie die Natur spielerisch und unbefangen zu erleben.

Ebenso erlernen Jungs und Mädchen beim Spielen mit anderen Kindern soziale Kompetenzen. Nehmen ihnen ihre Eltern diese Möglichkeit, fehlen auch entsprechende Erfahrungen. Das Teilen der eigenen Spielsachen losgelöst vom Das-ist-meins-Gedanken ist ein Beispiel dafür. In diesem Zusammenhang wichtig ist zudem die Ausprägung des divergenten Denkens. Dabei geht es um das über Grenzen hinausgehende Denken. Alternative Verwendungsmöglichkeiten eines alltäglichen Gegenstandes zu finden, zum Beispiel einer Büroklammer, fällt kleinen Kindern normalerweise leichter als älteren.

Ein Grund: Wer viel nach Vorgabe lernen muss, der vernachlässigt das über Grenzen hinausgehende Denken. Haben kleine Kinder aber nicht mehr ausreichend Gelegenheit dazu, bleibt diese Fähigkeit auf der Strecke. Und dies ist lediglich ein Beispiel. Lassen Eltern ihren Kindern genug Zeit zum Spielen und Erleben und verändern Förderkurse nicht das typisch kindliche Verhalten, ist gegen Frühförderung nichts einzuwenden.

Verheerende, langfristige Auswirkungen sind möglich

Viele Eltern antworten auf Nachfragen, ob ihr Kind nicht zu viel für sein Alter lernen müsse: Es macht ihm doch Spaß! Sollte dem wirklich so sein, dann ist dies gut. Manchen Kindern macht ein straffes Programm bereits in sehr jungen Jahren tatsächlich nichts aus. Bei Eltern sollten allerdings auf jeden Fall die Alarmglocken schrillen, wenn sie an ihrem Kind Veränderungen feststellen.

Gemeint sind hier vor allem Abweichungen im Verhalten. Natürlich entwickeln sich Kinder stets weiter und nicht jedes süße 5-jährige Kind ist auch mit sechs Jahren noch genauso putzig. Besonders aggressives Verhalten ist aber ein deutliches Warnzeichen! Mütter und Väter denken in diesem Fall am besten genau nach und beantworten sich ehrlich Fragen wie: Wann hat dieses aggressive Verhalten angefangen? Könnte es im Zusammenhang mit den Förderkursen stehen?

So seltsam es sich auch anhören mag: Aber derartige Verhaltensauffälligkeiten sind im Grunde ein Glück für die Eltern. Sie zeigen ihnen nämlich häufig auf besonders erschreckende Weise, dass etwas nicht stimmt. Schnell identifizieren die Eltern oder Profis Überforderung und Stress als Ursache. Problematischer wird das Ganze, wenn sich erst einige Jahre später erste Hinweise auf eine übertriebene Frühförderung bemerkbar machen.

Psychische Probleme liegen oftmals sehr tief, so dass diese auch lange verborgen bleiben können. Während Sitzungen in der Pubertät stellen Psychologen dann fest, dass die frühe Förderung und Überforderung in der Kindheit den Grund für Komplexe oder andere Auffälligkeiten darstellt. Dies muss natürlich nicht in exakt diesem Verlauf auftreten – kann es aber. Eltern achten daher idealerweise sehr darauf, ob ihr Kind auch wirklich mit den Aktivitäten einverstanden ist. Gespräche auf Augenhöhe und deutliches Nachfragen sind ratsam.

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Fazit: in Maßen früh fördern, aber nicht überfordern

Viele Eltern sind der Meinung, dass ihr Kind bereits in jungen Jahren mehr als andere Kids lernen müsse. Der Grund: Die Gesellschaft verlangt dies, damit Kinder optimal auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet sind. Dieser Ansatz ist gut, allerdings sollten Kinder immer nur maßvoll gefördert werden. Das Auseinandersetzen mit Musik, Sprachen und Sport möglicherweise parallel in verschiedenen Kursen führt in der Regel zu Überlastung.

Spielen Kinder zu wenig, kann dies ihre Entwicklung stören. Verhaltensauffälligkeiten wie überraschende Aggressionen sollten Eltern hellhörig machen. Wie so oft gilt: Fördern in Maßen bringt auf Sicht mehr als Fördern in Massen! Und nicht zuletzt sind es oftmals die simplen Dinge wie unbefangenes Spielen, die Kinder langfristig am meisten nützen.

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