Muckis mit Stromschlägen? Wie Ganzkörpertraining mit Reizstrom funktioniert
Training mit Reizstrom ist ein neuer Trend am Fitnessmarkt. In Verbindung mit Kraft- und Ausdauertraining können Sie auf diese Weise innerhalb kurzer Zeit fit und leistungsfähig werden.
Das Ganzkörpertraining mit Reizstrom ist unter dem Namen Elektrostimulation (EMS) in vielen Fitnessstudios im Angebot. Bei der Elektrosimulation werden die Muskeln am ganzen Körper durch Stromstöße gereizt. Dadurch sollen sie schneller und stärker wachsen.
Mit relativ wenig Aufwand soll der Sportler so Muskelmasse aufbauen. Ihr Körper kann insgesamt schlanker, fitter und besser definiert werden. Nur zwei bis drei Trainingseinheiten von rund 20 Minuten pro Woche sollen genügen, um einem untrainierten Sportler innerhalb von wenigen Wochen zu einem leistungsfähigen Körper zu verhelfen. Der Anteil an Körperfett soll zurückgehen. Im Gegenzug soll Muskelmasse aufgebaut werden.
Die Elektrostimulation scheint somit für alle interessant zu sein, die ihrem Körper mit wenig Aufwand etwas Gutes tun möchten. Doch wie wirkt die elektrische Muskelstimulation? Hält sie, was die ansprechende Werbung in vielen Fitnessstudios verspricht? Wo liegen die Grenzen, und wie können Sie als Sportler das Ergebnis noch verbessern?
Strom fördert das Muskelwachstum
Der menschliche Muskel besteht aus einzelnen Fasern. Die sogenannten „weißen Fasern“ ziehen sich schnell zusammen. Sie sind für Bewegungen zuständig, die Kraft und Stärke erfordern. Dazu benötigen sie viel Energie und sind recht schnell erschöpft. Die weißen Fasern können durch sportliche Betätigung und durch intensives Krafttraining mit hohen Gewichten gereizt werden. Sie reagieren aber auch sehr gut auf eine Muskelstimulation durch elektrischen Strom.
Neben den weißen Fasern gibt es noch die langsamer zuckenden Fasern. Sie werden eher bei einer länger andauernden Belastung gefordert. Diese Fasern nennt man auch „rote Fasern“. Damit sie wirkungsvoll trainiert werden, sind andere Trainingsmethoden erforderlich. Sie reagieren verstärkt auf Krafttraining mit vielen Wiederholungen oder auf Ausdauersportarten wie Jogging, Radfahren und Schwimmen.
Vereinfacht gesagt werden Muskeln durch Strom gereizt, weil bei jeder körperlichen Anstrengung elektrische Impulse von den Nerven an die Muskeln weitergegeben werden. Der Impuls sorgt dafür, dass sich der Muskel zusammenzieht. Trainieren Sie mit Reizstrom, wird der Befehl an den Muskeln nicht vom menschlichen Gehirn abgegeben, sondern durch einen Reiz von außen. Dieser Reiz besteht aus einem kleinen elektrischen Schock.
Zum Trainieren nach der EMS-Methode ist eine besondere Funktionskleidung erforderlich. Darin sind Elektroden eingearbeitet. Bei jedem Training ziehen Sie die Kleidung an. Die Elektroden senden elektrische Stromstöße an die Muskeln, die sich zusammenziehen. Durch den Reizstrom wird der menschliche Muskel also in Bewegung gesetzt. Je stärker der Muskel arbeiten muss, desto kräftiger wird er wachsen.
Mit wenig Aufwand zum Erfolg
Die Werbung verspricht, dass EMS sehr effektiv wirken soll. Rund 20 Minuten Training sollen ein- bis zweimal pro Woche genügen, um den Muskel zum Wachsen zu bewegen. Medizinische Studien konnten beweisen, dass der Körper bei einer Trainingseinheit mit EMS etwa 17 Prozent mehr Kalorien verbraucht als bei einem vergleichbaren Krafttraining.
Normales Krafttraining fordert außerdem fünf bis zehn Muskelfasern pro Muskel. Mit Hilfe der Elektrostimulation können rund 90 Prozent aller Muskelfasern am einzelnen Muskel angesprochen werden. Mit der gleichen Bewegung werden also mehr Fasern gereizt.
Der größte Vorteil der Muskelreizung durch Strom ist sicher das gezielte Ansprechen einzelner Muskeln oder Muskelgruppen. Da die Dioden der Funktionskleidung unmittelbar auf der Haut über dem Muskel liegen, werden diese direkt zum Arbeiten gebracht. Dadurch können Sie jede einzelne Muskelgruppe nach Wunsch trainieren.
Um den ganzen Körper zu definieren, üben Sie natürlich mit allen Muskeln. Nach Wunsch können Sie Ihr Training für einzelne Körperteile aber individuell gestalten und den Muskelaufbau ganz gezielt steuern. Eine Studie der Sporthochschule Köln hat übrigens belegt, dass mit der EMS-Methode ein Zuwachs an Muskelmasse von bis zu 14 Prozent möglich ist. Deshalb kommt die Elektrostimulation der Muskeln auch gerne in der Sportmedizin oder als Reha-Maßnahme zum Einsatz.
EMS ist nicht für jeden geeignet
Die elektrische Muskelreizung kann zur Ergänzung des Trainings sehr sinnvoll sein. Trotzdem ist EMS nicht für jeden Sportler geeignet. Wenn Sie lange Zeit nicht sportlich aktiv waren, sollten Sie vor der ersten Trainingseinheit unbedingt einen Arzt befragen.
Auch wenn Sie einen Herzschrittmacher oder Implantate tragen, wenn Sie Epileptiker oder Diabetiker sind oder unter Hautproblemen leiden, sollten zuerst ihren Facharzt besuchen, bevor Sie mit dem Training beginnen. In der Schwangerschaft ist EMS nicht die beste Trainingsmethode. Einige Mediziner warnen davor, den Muskelaufbau durch Strom allzu häufig anzuwenden. Mehr als ein- bis zweimal in der Woche sollten Sie nicht damit trainieren, um Ihren Körper nicht übermäßig zu belasten.
Bewährte Therapie bei Muskelverletzungen
Mediziner wenden die Elektrosimulation der Muskeln durch Strom seit mehreren Jahren in der Physiotherapie an. Ist der Aufbau von einzelnen Muskeln durch eine Verletzung erforderlich, stimuliert ein Elektroschock die Muskulatur. Dazu werden Elektroden auf die Haut geklebt. Sie geben einen elektronischen Reiz ab und zwingen den Muskel, sich zusammenzuziehen.
Je stärker der Reiz ist, desto härter muss die Muskulatur arbeiten. Zu Beginn der Therapie verarbeitet sie nur leichte Stromstöße. Der Muskel ist dann noch wenig gekräftigt. Werden die Muskelfasern längere Zeit in regelmäßigen Abständen trainiert, gewinnen sie immer mehr Kraft. Rheumapatienten berichten ebenfalls von Erfolgen, wenn der Muskel einmal wöchentlich über einen längeren Zeitraum durch Strom gereizt wird.
Dadurch soll der Stoffwechsel aktiver arbeiten, Medikamente sind seltener einzunehmen. Nachdem in der Sportmedizin und in der Rehabilitation erste Erfolge zu verzeichnen waren, fanden immer mehr Fitnessstudios Interesse an der neuen Trainingsmethode. Heute bieten viele Studios das elektronische Training an. Damit bieten sie eine willkommene Abwechslung zum gewohntenTraining.
Kaum Einfluss auf die Kondition
Der Muskelaufbau kann gefördert werden, wenn Sie regelmäßig mit Elektroden am Körper trainieren. Weniger beeinflussen können Sie damit allerdings Ihre Kondition. Sportmediziner weisen darauf hin, dass die EMS-Elektroden zwar die Muskelfasern ansprechen, die für schnelle Bewegungen erforderlich sind.
Wollen Sie Ihre Ausdauer trainieren, müssen Sie andere Methoden anwenden. Dazu ist der Reiz durch elektrischen Strom weniger geeignet. Auch das Koordinationsvermögen werden Sie mit dem neuen Verfahren nur wenig verbessern. Hier stößt die elektronische Stimulation der Muskelgruppen an ihre Grenzen. Mit etwas Ausdauersport können Sie Ihr EMS-Training deshalb wirkungsvoll ergänzen.
So erzielen Sie beste Ergebnisse
Um mit dem elektronischen Reizverfahren auf Dauer richtig fit zu werden, sollten Sie wöchentlich ein bis zwei Trainingseinheiten in Ihren Plan einbauen. Das Training können Sie in einem Fitnessstudio durchführen, das auf EMS spezialisiert ist.
Um eine gute Einrichtung zu finden, können Sie schon beim ersten Besuch darauf achten, wie Sie beraten werden. Wenn der Trainer auf Erkrankungen oder körperliche Beschwerden eingeht, ist das ein gutes Zeichen. Fragt er Sie nach Ihren sportlichen Zielen und erarbeitet er einen auf Sie abgestimmten Trainingsplan, spricht das ebenfalls für ein gutes Studio.
Für das EMS-Training selbst sollte er Ihnen zuerst eine Übungseinheit anbieten. Nach zwei oder drei Einheiten werden Sie feststellen, ob Ihnen das Training liegt und ob es Ihnen Spaß macht.
Ein guter Sportlehrer empfiehlt Ihnen, vor der EMS-Stimulation genügend Wasser zu trinken. Dadurch sollte Ihr Kreislauf während der Übung stabil bleiben. Vorbereiten sollte Ihr Trainer Sie auch auf einen möglichen Muskelkater am nächsten Tag. Das Training mit Reizstrom führt zu einer unerwarteten und unbekannten Beanspruchung vieler Muskelgruppen. Ein leichter Muskelkater am nächsten Tag ist deshalb ganz normal.
Ergänzen sollten Sie Ihr Reizstromtraining mit klassischem Kraft-Ausdauer-Training. Dies können Sie in jedem Fitnessstudio an den Geräten ausüben. Entscheiden Sie sich für die Anmeldung in einem Studio, sollte Ihr Trainer auch für das Krafttraining nach Ihren Zielen fragen und einen persönlichen Trainingsplan für Sie ausarbeiten.
Kombinieren Sie Ihre regelmäßigen Übungen an den Geräten mit Ausdauersport wie Jogging, Walking oder Schwimmen, trainieren Sie alle Muskelgruppen und bauen Schritt für Schritt mehr Kraft und Ausdauer auf. So werden Sie im Alltag leistungsfähiger und können besser mit stressigen Situationen umgehen.
Fazit: EMS als vernünftige Ergänzung Ihres Trainings
Die elektronische Stimulation mit Reizstrom ist gut geeignet, um Muskeln gezielt aufzubauen. Wenn Sie Ihre Ausdauer verbessern wollen, kommt EMS weniger in Frage. Im besten Fall runden Sie Ihr wöchentliches Sportprogramm wie Joggen, Schwimmen oder Krafttraining mit ein bis zwei kurzen Einheiten EMS-Training ab. So erzielen Sie auf Dauer die besten Erfolge und verbessern Kraft und Kondition.