Studium oder Ausbildung? 9 Entscheidungshilfen für Heranwachsende
Ob du dich für eine Ausbildung oder ein Studium entscheidest, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Diese solltest du im Vorfeld unbedingt berücksichtigen, um einem späteren bösen Erwachen vorzubeugen.
Abi – und dann?
Du hast endlich dein Abi in der Tasche und freust dich wahrscheinlich erst einmal darüber, diese Hürde geschafft zu haben. Nun wird es für dich Zeit, dir über deinen beruflichen Werdegang Gedanken zu machen. Die grundlegende Frage hierbei lautet: Ausbildung oder Studium? Solltest du nicht schon einen bestimmten Beruf anvisiert haben, der diese Frage ohnehin hinfällig werden lässt, stehen dir noch beide Möglichkeiten offen. Sowohl Ausbildung als auch Studium haben Vor- und Nachteile, von denen einige objektiv und viele subjektiv sind. Was dem einen Freude bereitet, kann für den anderen die größte Qual sein, daher solltest du zuerst einmal über deine Ansprüche, Wünsche und Talente nachdenken. Hierbei kann es hilfreich sein, wenn du dir folgende Fragen stellst:
– Wo liegen meine Stärken und wo liegen meine Schwächen?
– Bin ich eher Theoretiker oder Praktiker?
– Gibt es bestimmte Themengebiete, die mich so sehr interessieren, dass ich mir vorstellen kann, mich beruflich damit auseinanderzusetzen?
– Kann ich gut selbstständig arbeiten oder benötige ich einen fix vorgegebenen Arbeitsplan, um meine Ziele zu erreichen?
– Bin ich dazu bereit, die nächsten vier bis sechs Jahre mit intensivem Lernen zu verbringen?
– Möchte ich sobald wie möglich mein eigenes Geld verdienen oder macht es mir nichts aus, mich noch länger finanziell einzuschränken?
– Wie sieht meine finanzielle Situation aus? Unterstützen mich meine Eltern? Habe ich Anspruch auf BAföG? Bin ich bereit, neben dem Studium zu arbeiten? Erlaubt mein Wunschstudium dies überhaupt zeitlich?
– Kann ich mir eventuell vorstellen, später noch ein Studium zu absolvieren?
– Ist es für mich kein Problem, für das Studium an einen anderen Ort zu ziehen, oder möchte ich meine Familie und meine Freunde keinesfalls zurücklassen?
Die ehrliche Beantwortung all dieser Fragen ist überaus hilfreich bei deiner Entscheidungsfindung und gibt dir eine grundlegende Orientierung bei der Wahl zwischen Ausbildung und Studium. Abgesehen von deinen persönlichen Beweggründen und deiner Ausgangsposition gibt es natürlich auch noch allgemeingültige Punkte, die berücksichtigt werden sollten.
Ist ein Studium wirklich immer die bessere Wahl?
Ein Fachhochschul- oder Universitätsstudium wird allgemein als erstrebenswerteste Form der Ausbildung dargestellt. Keine Frage, ein Studium ist die höchste erreichbare Bildungsstufe und qualifiziert nicht nur für zahlreiche berufliche Positionen, sondern trägt auch zur Persönlichkeitsentwicklung bei.
Nichtsdestotrotz muss ein Studium nicht zwangsläufig für jeden automatisch die bessere Wahl sein, auch wenn dies oft suggeriert wird. Ein Studium garantiert nicht, dass du später in deinem Beruf glücklich sein wirst, und muss auch nicht unbedingt deinen Neigungen entsprechen. Letzteres ist nämlich der entscheidende Punkt bei der Wahl zwischen Ausbildung und Studium. Zudem hat nicht automatisch jeder, der studiert hat, einen gebildeten Geist. Nicht-Akademiker müssen Universitätsabgängern nicht zwingend geistig und bildungsmäßig hinterherhinken. Du kannst dich also beruflich als Mechaniker oder Gesundheits- und Krankenpfleger verwirklichen und dich gleichzeitig in deiner Freizeit mit Soziologie beschäftigen. All dies ist kein Widerspruch und die Hauptsache ist, dass du mit deiner Wahl glücklich bist.
Statistisch gesehen bietet ein Studium zahlreiche Vorteile. Zu diesen zählen eine viel geringere Wahrscheinlichkeit, jemals von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein, sowie ein um bis zu 50 Prozent höheres durchschnittliches Gehalt.
Selbstverständlich hängen diese Punkte auch immer vom gewählten Studienfach ab. Dabei gilt jedoch längst nicht mehr, dass nur Absolventen sogenannter Orchideenfächer Schwierigkeiten haben, eine adäquate Arbeitsstelle zu finden. Vielmehr sind mittlerweile Abgänger völlig überlaufener Studienrichtungen wie etwa Betriebswirtschaftslehre vermehrt auf der Suche nach Arbeitsplätzen und müssen immer öfter mit wenig attraktiven Anstellungen zufrieden sein. Wer sich also in Hinblick auf die sichere Beschäftigungslage für ein Studium entscheidet, sollte sein Studienfach nicht nur nach der Nachfrage, sondern auch nach der Zahl der jährlichen Absolventen auswählen.
Diese Punkte sprechen für ein Studium
– Möchtest du die Karriereleiter erklimmen, hast du mit einem Studium bessere Aufstiegschancen. Für bestimmte berufliche Positionen ist ein abgeschlossenes Studium Voraussetzung.
– Akademische Titel sind gesellschaftlich sehr hoch angesehen.
– Je nach gewähltem Studienfach musst du als Hochschulabsolvent kaum Angst vor Arbeitslosigkeit haben.
– Das durchschnittliche Akademikergehalt liegt um bis zu 50 Prozent über jenem von Nicht-Akademikern.
– Im Laufe eines Studiums kommst du mit vielen Themengebieten in Kontakt, die du sonst vielleicht nicht kennengelernt hättest. So kannst du nicht nur deinen Horizont erweitern, sondern entdeckst vielleicht auch neue Interessensgebiete.
– Ein Studium bietet dir zahlreiche Möglichkeiten der individuellen Gestaltung und viele persönliche Freiräume. Aber Achtung: Das hohe Maß an Eigenverantwortlichkeit ist für manche auch schon nach hinten losgegangen.
Diese Punkte sprechen gegen ein Studium
– Ein Studium bedeutet eine längere finanzielle Einschränkung als eine Ausbildung. Zwar kannst du im Regelfall später mit einem höheren Gehalt und besseren Aufstiegschancen rechnen, bis dahin musst du aber zahlreiche Entbehrungen in Kauf nehmen.
– Ein Studium dauert zwischen vier und sieben Jahren und ist somit deutlich länger als eine Ausbildung. Das heißt nicht nur, dass du länger auf ein eigenes Gehalt verzichten musst, du musst auch mehr Energie und Ressourcen investieren. Mitunter kann der Weg zum Abschluss sehr steinig und hart sein und du läufst vielleicht Gefahr, aufzugeben.
– Ein Studium muss auch finanziert werden. Dies kann über elterlichen Unterhalt, BAföG und/oder Nebenjobs geschehen. Hier lauern viele Stolpersteine, etwa wenn du aufgrund des Einkommens deiner Eltern nicht BAföG-berechtigt bist, deine Eltern dir aber dennoch den Unterhalt verweigern. Darüber hinaus sind einige Studien so zeitintensiv, dass Nebenjobs kaum oder gar nicht realisierbar sind. Kläre die Frage nach der Finanzierung unbedingt vor Studienantritt.
– Zahlreiche Studien führen nicht zu einem konkreten Beruf. Hier musst du dich im Laufe deines Studiums mittels entsprechender Praktika spezialisieren, sodass du am Ende nicht vollkommen orientierungslos dastehst.
Eine Ausbildung als Alternative zum Studium
Eine Ausbildung ist der schnellste Weg in die finanzielle Unabhängigkeit. Moderne Ausbildungssysteme sind überaus vielfältig und kommen zahlreichen Neigungen und Talenten entgegen. Du hast auch nach Abschluss einer Ausbildung viele Möglichkeiten, dich weiterzubilden und kannst unter anderem ein aufbauendes Studium absolvieren. Allerdings musst du dann noch einmal vom Berufsleben in das Studentenleben. Dies ist nicht für jeden angenehm und kann je nach momentaner Lebenssituation problematisch sein.
Diese Vorteile bringt eine Ausbildung
– Eine Ausbildung dauert im Schnitt drei Jahre und ist somit wesentlich kürzer als ein Studium. Mit einer Ausbildung verdienst du rasch dein eigenes Geld und stehst finanziell auf eigenen Beinen.
– Die in der Ausbildung erworbenen Kenntnisse können dir in einem späteren, aufbauenden Studium sehr hilfreich sein. Dies gilt nicht nur für die Bewältigung des Studiums, sondern auch für die Aufnahme zu zahlreichen Studiengängen.
– Mit einer abgeschlossenen Ausbildung hast du auch abseits von Hochschulen und Universitäten zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten, die dich für höhere berufliche Positionen qualifizieren.
Diese Nachteile hat eine Ausbildung
– Wenn du Karriere machen möchtest, sind die Aufstiegschancen mit einer Ausbildung ohne zusätzliche Weiterbildungsmaßnahmen nur sehr begrenzt.
– Die Gehälter von Nicht-Akademikern liegen statistisch gesehen im Durchschnitt um bis zu 50 Prozent unter jenen von Hochschulabsolventen.
– Ausbildungen sind viel strenger geregelt als Universitätsstudien und bieten weniger individuelle Gestaltungsmöglichkeiten. Dies kann abhängig von deiner Persönlichkeit sowohl Nach- als auch Vorteil sein.
– Laut Statistik betrifft Arbeitslosigkeit Nicht-Akademiker in viel höherem Ausmaß als Akademiker.
Fazit
Sowohl Ausbildungen als auch Studien haben Vor- sowie Nachteile, die nicht nur objektiv, sondern vielfach auch subjektiv sind und von deinen persönlichen Vorlieben abhängen. Wenn du dich eher zu den Praktikern zählst, solltest du dir Ausbildungen näher ansehen. Als Theoretiker ist ein Universitätsstudium für dich interessant. Schnupperangebote können dir bei der Entscheidungsfindung sehr helfen. Sowohl zahlreiche Ausbildungsstätten als auch Universitäten und Fachhochschulen bieten Schnuppertage, die ideal sind, um die verschiedenen Angebote näher kennenzulernen.