Vollnarkose beim Zahnarzt: Sinnvoll oder Risiko?
Es gibt zahnmedizinische Behandlungen, bei denen entweder der Zahnarzt oder sogar die Patienten selbst eine Vollnarkose wünschen. Hier lesen Sie, was dafür und was dagegen spricht.
Verschiedene Behandlungen mit und ohne Betäubung
„Er hat überhaupt nicht gebohrt!“ Der Slogan aus einer Zahnpasta-Werbung zeigt, wie der ideale Zahnarztbesuch aussehen sollte. Doch natürlich gibt es auch bei sorgfältiger Mund- und Zahnpflege immer wieder Therapiebedarf für den Mediziner. Viele Behandlungen, zum Beispiel die Entfernung von Zahnstein, und sogar das ein oder andere Loch stellen für Patienten sogar ohne örtliche Betäubung keine Probleme dar. Für die anderen Fälle bietet die moderne Lokalanästhesie die Möglichkeit, selbst die Therapie ausgedehnter Karies oder Wurzelbehandlungen schmerzfrei zu gestalten.
Dennoch gibt es bei all den Möglichkeiten der örtlichen Betäubung auch Situationen, in denen das Stichwort Vollnarkose ins Spiel kommt. Bei langen und schwierigen Eingriffen, aber auch bei der Behandlung von bestimmten Patienten – etwa Kinder und Angstpatienten – ist sie unverzichtbar. In allen Fällen obliegt das letzte Wort für oder gegen eine Vollnarkose den behandelnden Ärzten, also dem Zahnarzt, dem zuständigen Anästhesisten oder dem Hausarzt. Sie wägen das Verhältnis von Nutzen und Risiken eines zahnmedizinischen Eingriffs unter Vollnarkose sorgfältig und immer mit Blick auf den Patienten ab.
Schwierige oder belastende Eingriffe
Die Vollnarkose kann die richtige Entscheidung sein, wenn zahnmedizinische Operationen tiefgreifend sind, lange andauern oder im Vorfeld nicht exakt eingeschätzt werden können. Auch die Sanierung eines kompletten Ober- oder Unterkiefers (oder womöglich beider Kieferhälften) kann in einem einmaligen Eingriff unter Vollnarkose oft ein schonenderes Vorgehen sein als die monatelange Behandlung eines stark kariösen Kiefers.
Eingriffe, deren Verlauf durch ihre Größe schwer abzuschätzen ist oder die für den Patienten sehr belastend sein können, sind unter Vollnarkose ebenfalls besser durchzuführen. Dies gilt auch, wenn Komplikationen auftreten könnten. Ein Beispiel dafür ist eine Weisheitszahn-OP, bei der der Zahn aufgrund einer aufwendigen Verwurzelung im Kiefer schon im Vorfeld schwer zu entfernen scheint. Auch die Dauer des Eingriffs macht die Vollnarkose in manchen Fällen sinnvoll. Muss der Arzt zum Beispiel über Stunden am geöffneten Mund arbeiten, ist eine Vollnarkose meist unerlässlich.
Vollnarkose bei Kindern
Eine Vollnarkose birgt immer die klassischen Narkoserisiken. Sie betreffen Herz, Kreislauf und Gefäße. Konsequenzen sind zwar sehr selten, können sich aber massiv auswirken. Deshalb muss vor allem bei Kindern sehr sorgfältig abgewogen werden. Eine Vollnarkose ist jedoch auch bei kleinen Patienten in manchen Situationen sinnvoll. Steht zum Beispiel ein größerer Eingriff am Kiefer an, kann man nicht erwarten, dass das Kind sich über einen längeren Zeitraum nicht bewegt. Selbst die Sedierung im Rahmen des sogenannten Tiefschlafs ist dann nicht immer ausreichend.
So ist die Vollnarkose in der Kinderzahnheilkunde und Kieferorthopädie in zweierlei Hinsicht ein Segen: Zum einen sichert sie den OP-Erfolg durch ein effizientes Ruhigstellen des kleinen Patienten. Zum anderen wird selbst ein größerer Eingriff, der mit unbekannten Geräuschen, Gerüchen und Blut verbunden ist, von den Kleinen nicht als psychisch belastendes Ereignis empfunden. Dieser Punkt ist vor allem deshalb wichtig, weil die verbreitete Angst vor dem Zahnarzt oft mit einem negativen Zahnarzt-Besuch in der Kindheit verbunden ist.
Hilfe für Angstpatienten
Neben körperlichen Gründen gibt es auch psychologische Gründe dafür, dass Zahnarzt und Patient beschließen, eine notwendige Behandlung unter Vollnarkose ablaufen zu lassen. Dies ist häufig bei Angstpatienten der Fall. Während sie von Außenstehenden lange belächelt und nicht ernst genommen wurden, ist die Zahnarztphobie heute kein Tabuthema mehr. Immer mehr Mediziner spezialisieren sich sogar auf die Behandlung dieser Patienten. Sie versuchen, den Zahnarztbesuch so positiv wie nur möglich zu gestalten. Daher gibt es heutzutage einige effiziente Möglichkeiten, mit denen Angstpatienten ihre Furcht abbauen oder sogar ganz beseitigen können: von einer schrittweisen Heranführung des Patienten an die angstauslösenden Situationen über die Hypnose bis hin zu konfrontativen Methoden der Verhaltenstherapie.
Dennoch gibt es auch Situationen, die einer psychologischen Therapie keine Zeit lassen. Zwei Beispiele hierfür sind eine schmerzhafte Entzündung im Wurzelbereich oder starke Schmerzen im Nervenbereich durch weit fortgeschrittene Karies. Hier kann die Vollnarkose den Angstpatienten dazu ermutigen, die zahnärztliche Behandlung anzugehen. Eine Alternative zur Vollnarkose ist die Sedierung durch den Tiefschlaf. Patienten mit Angst entscheiden sich jedoch oft dagegen, weil der Zahnarzt nicht garantieren kann, dass es keine Wachphase gibt.
Das Risiko so gering wie möglich halten
Eine Vollnarkose ist ein Verfahren, bei dem der Patient dank der individuellen Dosierung des Narkosemittels und der modernen Technik gut und lückenlos überwacht wird. Dies ist auch bei zahnmedizinischen Eingriffen in Vollnarkose der Fall. Sie finden grundsätzlich in Anwesenheit eines Anästhesisten statt.
Auch die sorgfältige OP-Planung, die die Zeit des Eingriffs besser kalkulierbar macht, sowie die Vorbereitung des Patienten helfen, das Narkoserisiko zu minimieren. So gehören ein EKG des Herzens, das Röntgen der Lunge sowie diverse Blutuntersuchungen zu den wichtigsten Schritten vor der Vollnarkose. Wenn der Patient Allergien oder Unverträglichkeiten hat, Blutverdünner einnimmt oder unter relevanten Erkrankungen leidet, muss der Arzt davon wissen.
Oft gehören die Diagnostik beim Patienten und die Einschätzung des individuellen Risikos zu den Vorbereitungsarbeiten, die der Hausarzt, der behandelnde Facharzt, der Zahnarzt und der Anästhesist leisten.
Aktive Mitarbeit des Patienten
Das Risiko ist durch die gute Steuerbarkeit der Narkose und die ausgezeichneten Überwachungs- und Interventionsmöglichkeiten sehr gering. Dennoch kommt es auch auf die verlässliche Mitarbeit des Patienten an.
So ist es wichtig, dass der Patient den Ärzten nichts verschweigt. Vor allem über den Konsum von Genussmitteln wie Alkohol, Kaffee, Nikotin und Drogen sowie über Medikamente muss er sie aufklären. Zudem muss er sich an die Regeln für die Vorbereitung auf die Vollnarkose halten. Das bedeutet vor allem, dass er vor der OP nichts essen oder trinken, nicht rauchen und keinen Kaugummi kauen darf. Wenn sich ein Kind in Vollnarkose einem zahnärztlichen Eingriff unterziehen soll, müssen die Eltern darauf achten, dass es vorher nichts zu sich nimmt.
Fazit
Angst muss vor der Zahnarztbehandlung in Vollnarkose niemand haben. Sie ist sinnvoll, wenn es darum geht, Schmerzen oder Angst zu vermeiden oder die Belastung eines schwierigen Eingriffs auszuschalten. Die heutige Narkotisierung ist individuell dosierbar und gut zu überwachen. Dies geschieht durch den Anästhesisten. Der Zahnarzt oder Kieferorthopäde wird somit entlastet: Er kann sich ganz auf die medizinischen Behandlungen im Mundraum des Patienten konzentrieren.
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