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Was Passagiere bei Flugverspätungen und Ausfällen wirklich erreichen können

Der ersehnte Urlaub steht kurz bevor, doch schon am Flughafen wird Ihre Vorfreude durch eine Flugverspätung gedämpft. Abhängig von Entfernung und Verspätung haben Sie dann Anspruch auf eine Entschädigung.

Ihr Flug ist verspätet

Sie freuen sich auf den ersten Urlaub mit Ihrer Familie nach mehreren Monaten. Die Koffer sind gepackt, die Begeisterung steigt bereits auf dem Weg zum Flughafen. Doch schon der erste Blick auf die Abflugtafel sorgt für Unruhe: Ihr Flug ist verspätet. Am Schalter Ihrer Fluglinie erfahren Sie, dass Ihr Flugzeug aufgrund eines technischen Defekts ausgetauscht werden muss. Eine Flugverspätung von fünf Stunden ist die Folge, vom ersten Tag am Urlaubsort bleibt somit nichts mehr übrig. Bis vor wenigen Jahren konnten Passagiere in dieser Situation allenfalls auf die Kulanz der Fluggesellschaft vertrauen. Bei gravierenden Verspätungen erhielten sie eine kostenfreie Mahlzeit am Flughafen oder eine Unterbringung im Hotel, wenn der Flug erst am nächsten Tag fortgesetzt werden konnte. Mit der Einführung der EU-Verordnung Nr. 261/2004/EG wurden die Rechte von Flugreisenden bei Verspätungen und Ausfällen jedoch erheblich gestärkt. Je nach Entfernung und Verspätung erhalten Sie eine Entschädigung zwischen 250 Euro und 600 Euro pro Fluggast, die unabhängig von dem Preis Ihres Flugscheins gezahlt wird. Bei einer vierköpfigen Familie kann sich die Durchsetzung Ihres Anspruchs durchaus lohnen.

Entschädigung bei großer Verspätung

Damit Sie bei einer Verspätung einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung haben, muss Ihr Flug gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs eine „große“ Verspätung haben. Eine große Verspätung ist gegeben, wenn Sie mindestens drei Stunden später als vorgesehen an Ihrem Zielflughafen ankommen. Einige Gerichte forderten bisher als weitere Voraussetzung für die Zahlung der Entschädigung auch einen verspäteten Abflug von zwei bis vier Stunden. Dieser unterschiedlichen Rechtsprechung begegnete der Europäische Gerichtshof mit einem Urteil vom 26. Februar 2013. Dort ist festgehalten, dass eine Abflugverspätung keine Voraussetzung für den Anspruch auf eine Entschädigung sein muss. Maßgeblich für eine Ausgleichszahlung ist also lediglich, dass Sie mehr als drei Stunden zu spät an Ihrem Ankunftsflughafen eintreffen.

Zahlung bei Annullierung

Ist Ihr Flug gestrichen, steht Ihnen ebenfalls eine Zahlung zum Ausgleich von Unannehmlichkeiten zu. Unerheblich ist dabei, wann und wie Sie an Ihrem Zielort ankommen. In der Regel bietet eine Fluggesellschaft bei einer Flugstreichung eine Alternative an. Dies kann in Abhängigkeit von verfügbaren Alternativen eine spätere Verbindung sein, auch ein Umstieg an einem anderen Flughafen kann in Frage kommen. Je nach Strecke bietet sich eine Zugbeförderung oder eine Taxifahrt an. In jedem Fall haben Sie als Kompensation für die entstandenen Unannehmlichkeiten einen Anspruch auf die Zahlung einer Entschädigung.

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EU-Verordnung gilt nur im EU-Gebiet

Damit die europäische Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004/EG zur Anwendung kommt, muss der Firmensitz Ihrer Fluggesellschaft in einem Mitgliedsstaat der EU sein. Außerdem muss entweder der Start oder die Landung auf dem Gebiet der EU erfolgen. Ist Ihre Fluglinie dagegen nicht in einem EU-Mitgliedsland ansässig, haben Sie nur dann einen Anspruch gegenüber der Gesellschaft, wenn Sie von einem Flughafen innerhalb eines EU-Mitgliedslandes starten. Beachten müssen Sie dabei außerdem, dass der Hin- und Rückflug immer getrennt betrachtet werden. Fliegen Sie also mit einer amerikanischen Gesellschaft von Deutschland in die Vereinigten Staaten, stehen Ihnen die Ansprüche aus der EU-Verordnung nur für die Reise in die USA zu.

Die Definition der „außergewöhnlichen Umstände“

Die EU-Verordnung entbindet Fluggesellschaften von der Zahlung der Kompensation, wenn sogenannte „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen, welche die Verspätung oder die Flugstreichung verursacht haben. Im Artikel 5 Abs. 3 der Verordnung ist definiert, wann ein außergewöhnlicher Umstand gegeben ist. Insbesondere technische Defekte gehören nicht zu den außergewöhnlichen Umständen, die eine Verspätung oder eine Flugstreichung ohne Ausgleichszahlung verursachen dürfen. Anders dagegen verhält es sich bei einem Streik des Bodenpersonals oder bei schlechter Witterung. Diese Gründe werden von den Gerichten in der Regel als außergewöhnliche Umstände anerkannt und führen somit nicht zu einem Zahlungsanspruch.

So berechnet sich Ihr Anspruch

Die Höhe Ihrer Kompensationszahlung ist abhängig von der Flugstrecke und von der Verspätung. Bei einer Flugstrecke von bis zu 1.500 Kilometern erhalten Sie einen Ausgleich in Höhe von 250 Euro. Liegt Ihr Flugziel innerhalb der EU und ist die Strecke länger als 1.500 Kilometer und kürzer als 3.500 Kilometer, beträgt die Entschädigung 400 Euro für jeden Fluggast. Startet oder landet Ihr Flug außerhalb der Europäischen Union und ist die Entfernung größer als 3.500 Kilometer, dürfen Sie sich über eine Entschädigung von 600 Euro freuen. Gewährt die Fluggesellschaft eine Ersatzbeförderung und kommt Ihr Alternativflug verspätet an, erhalten Sie ebenso eine Ausgleichszahlung. Sie beträgt bei einer Strecke von unter 1.500 Kilometern und einer Verspätung von unter zwei Stunden 125 Euro, bei einer Strecke zwischen 1.500 Kilometern und 3.500 Kilometern und einer Verspätung von unter drei Stunden 200 Euro und bei einer Strecke von über 3.500 Kilometern und einem verspäteten alternativen Flug von unter vier Stunden 300 Euro.

Ablehnungen sind an der Tagesordnung

Als Passagier sollten Sie Ihr Recht auf eine Ausgleichszahlung in jedem Fall geltend machen. In vielen Fällen wird Ihre Fluglinie bereits am Flughafen bei der Bekanntgabe der Verspätung eine Zahlung leisten. Dazu wenden Sie sich an das Bodenpersonal Ihrer Gesellschaft, das alle weiteren Schritte einschließlich Ihrer Umbuchung einleiten wird. In der Praxis zeigt sich allerdings immer wieder, dass Ablehnungen der Kompensationszahlung eher die Regel als die Ausnahme sind. In diesem Fall wenden Sie sich schriftlich an Ihre Fluggesellschaft und setzen eine letzte Frist zur Zahlung. Wählen Sie eine kurze Zeitspanne von zwei Wochen und geben Sie alle nötigen Flugdaten an. Legen Sie Ihrem Schreiben den Flugschein oder eine Buchungsbestätigung sowie Ihre Bordkarte bei. Alle Unterlagen sollten Sie nur als Kopie aus der Hand geben, um im Fall eines Gerichtsverfahrens alle Originaldokumente in Ihrem Besitz zu haben. Zeitgleich kündigen Sie in Ihrem Schreiben an, nach Ablauf der Frist juristische Unterstützung zur Durchsetzung Ihrer Interessen in Anspruch zu nehmen. Leistet Ihre Gesellschaft dagegen eine Zahlung, welche sie mit Kulanz begründet und die unterhalb Ihres eigentlichen Anspruchs liegt, kann dies ein Zeichen sein, dass kein außergewöhnlicher Umstand vorliegt. In diesem Fall sollten Sie Ihren vollen Anspruch juristisch geltend machen. Sollte Ihre Fluglinie eine Gutschrift oder einen Gutschein als Ausgleich anbieten, müssen Sie diesen nicht akzeptieren. Ihr Anspruch besteht explizit in der Zahlung der ermittelten Summe.

Der Anwalt als letzte Rettung

Lehnt die Fluggesellschaft die Zahlung der Kompensation ab oder erfolgt trotz Fristsetzung keine Reaktion, bleibt Ihnen nur der Weg zu einem erfahrenen Anwalt. Ihr Anspruch gegen die Fluglinie verjährt nach deutschem Recht erst nach drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Flug beendet wurde. Einige Rechtsanwaltskanzleien in Deutschland sind auf die Vertretung von Fluggästen spezialisiert. Solche Fachanwälte sind mit der Fluggastrechteverordnung sehr vertraut und haben meist einige Gerichtsverfahren erfolgreich bestritten. Sollten Sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, klären Sie noch vor der Beauftragung eines Anwalts, ob Ihre Versicherung die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten übernimmt. Wird Ihre Fluglinie allerdings zur Zahlung der Kompensation verpflichtet, muss sie meist auch die Anwalts- und Gerichtskosten tragen.

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Ein Schritt, der sich lohnen kann

Mit der Einführung der Fluggastrechteverordnung wurden die Rechte von Passagieren bei Flugstreichungen und Verspätungen sehr gestärkt. Da jede Kompensation unabhängig von dem Preis des Flugtickets gewährt und für jeden einzelnen Fluggast gezahlt wird, kann sich die Klage gegen eine Fluggesellschaft durchaus lohnen. Wenn also Ihre Fluglinie nicht freiwillig zahlt, können Sie den Gang zum Anwalt erwägen, um zu Ihrem Recht zu kommen.

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